Messpunkte, Koordinatensysteme, Landesvermessungsämter

Bei einem spontanen Gespräch mit einem Messionar am Strassenrand mitten in Berlin ging es heute schnell um die Frage, ob die Landesvermessungsämter die Koordinaten der Vermessungspunkte zur Verfügung stellen. In einer idealen Welt würden

  • alle Vermessungspunkte bundesweit,
  • über eine einheitliche digitale Schnittstelle,
  • in verschiedenen Koordinatensystemen,
  • kostenfrei und
  • zur kostenlosen Nutzung

verfügbar sein. Ganz offensichtlich leben wir ja nicht in einer idealen Welt und daher ist es nicht verwunderlich, dass einige dieser Wünsche als illusorisch darstellen.


Verantwortlich für die Messpunkte, respektive Vermessungspunkte sind die Länder. Und da Deutschland ein föderales System ist, gibt es keine zentrale Stelle die die Informationen sammelt.

Auch eine einheitliche digitale Schnittstelle oder auch nur ein und das gleiche System für die Abfrage der Daten gibt es nicht. Es gibt offensichtlich in keinem Land überhaupt eine Schnittstelle für die digitale Abfrage der Daten. Dass die Messpunkte noch nicht einmal einheitliche IDs haben versteht sich da schon fast von selbst.

Bei solcher föderaler Vielfalt versteht es sich schon fast von selbst, dass in verschiedenen Bundesländern auch verschiedene Koordinatensysteme geführt werden. Während irgendwo sonst das Gauß-Krüger-Koordinatensystem verwendet wird, setzt Berlin noch mindestens bis zum nächsten Jahr das Soldner-System ein. Wozu auch auf WGS84 umschalten? Das ist doch erst 30 Jahre alt und funktioniert ja nur hervorragend mit GPS/GNSS.

Wer bei solch einer Fülle von Ansprechpartnern und Umgebungsvariablen noch nicht die Lust verloren hat, an die Daten kommen zu wollen wird sich doch vielleicht endgültig von unkalkulierbaren Kosten abschrecken lassen, oder? Und tatsächlich sitzen die Behörden auf einem Schatz. Kein Mensch weiss, wie hoch der Wert dieses Schatzes ist und deswegen gibt es bei den Landesvermessungsämtern auch keine Preislist à la “… bis 5 Messpunkte im Monat sind umsonst, unter 100 kosten jeweils 0,15€ …”. Nein, man muss eine Mail schicken oder anrufen. Z.B. beim Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung (LGV) in Hamburg, Öffnungszeiten gibt es nur nach telefonischer Rücksprache. Die Mindestbestellmenge ist aber auf jeden Fall schon mal 50€.

Möglicherweise lässt man sich ja selbst von Kosten in unbekannter Höhe nicht abschrecken. Was aber nicht heißt, dass man die Daten, egal in welcher Form, wirklich bekommt. Denn “Auskünfte und Auszüge aus den Nachweisen der Grundlagenvermessung erhalten ausschließlich Vermessungsfachleute”. Wie der Nachweis über eine solche Befähigung zu erfolgen hat steht leider nirgendwo.

OpenData in weiter Ferne

Es wäre vermessen anzunehmen, dass Behörden von selbst auf die Idee kämen, ihre Schätze allen in einer einfachen Form zur Verfügung zu stellen. Diese Forderung ist schon deswegen illusorisch, weil Behörden schon für die Entscheidungsfindung, ob und wenn ja, wie sie dies tun sollten langsamer sein müssen als Firmen oder Organisationen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Bahn dem Datenbefreier Michael Kreil mit Klage gedroht hatte als dieser deren Fahrpläne von der CDROM in ein offenes Format transformierte und öffentlich zur Verfügung stellte.

Aber wir sind dennoch optimistisch. So hat Berlin seit kurzem ein Portal in dem die OpenData-Angebote des Senats gebündelt sind. Und prinzipiell ist die Politik dem Gedanken aufgeschlossen und wünscht sich eine höhere Beweglichkeit der Verwaltung. Das wird zum Beispiel deutlich an dem Projekt GeoApps durch das Projekte gefördert werden sollen, die Daten der Vermessungsämter nutzen sollen und sinnvolle Anwendungen entwickeln sollen. Leider ist das Setup solcher Förderungen – vorsichtig ausgedrückt – mitunter etwas exotisch.

Hilfreiche Links: Liste der Landesämter

 

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